EINE REISE IN DEN SÜDEN . . .
"Herzliche Grüße aus Italien" und andere Gedichte
"Io parlo per ver dire, non per odio d'altrui ne per disprezzo."
"Wenn alle untreu werden dann bleiben wir doch treu... "
"Kennst du das Land, wo die Zitronen blüh'n?"
"Et in Arcadia Ego - auch ich in Arkadien!"
"In Paestum blühen keine Rosen . . ."
"Über allen Giebeln sind gruuu..."
"S(ono)P(azzi)Q(uesti)R(omani)"
"L'Italiano: lasciatemi cantare"
"Du mußt ein Schwein sein... "
"Canzone: Haß und Parolen"
EINE KAPITEL AUS DIKIGOROS' WEBSEITE
REISEN DURCH DIE VERGANGENHEIT
GESCHICHTEN AUS DER GESCHICHTE
Italien, das Herzland des alten Römischen Reiches, war schon immer das bevorzugte Reiseziel der Germanen, das Land ihrer Sehnsucht. Zur Zeit Caesars waren es die Kimbern und die Teutonen (nach denen die Italiener die Deutschen bis heute benennen, obwohl nicht einmal sicher ist, ob sie wirklich Germanen waren oder nicht vielmehr Kelten - für letzteres hielten sie jedenfalls die alten Römer); später kamen die Westgoten und die Vandalen nach Rom. Besonders die letzteren ließen dort allerlei Souvenirs mitgehen, aber ihr umsichtiger Reiseleiter, ein gewisser Geiserich, achtete streng darauf, daß im Gastland keine größere Schäden an Menschen oder Material angerichtet wurden. Umso verwunderter waren die Vandalen, als sie später, bereits am eigentlichen Ziel ihrer Reise, Nordafrika, angelangt, vernahmen, daß die römische Greuel-Propaganda ausgerechnet ihnen das angehängt und sogar den verleumderischen Begriff "Vandalismus" geprägt hatte für etwas, das doch eigentlich eine Spezialität der Römer selber war und folglich "Römerismus" heißen müßte! (Bis zum Zweiten Weltkrieg hat niemand fürchterlicher gehaust in einem fremden Land als die Römer just dort in Nordafrika, als sie Karthago, die Hochburg der semitischen Punier, nicht nur dem Erdboden gleich gemacht, sondern auch den letzteren noch vergiftet hatten, damit dort nie wieder Menschen leben konnten - wenn irgend etwas, dann war das "Vandalismus". Ende des 18. Jahrhunderts sollte dieses anti-germanische Schlagwort von der französischen Greuel-Propaganda wieder aufgegriffen werden, anläßlich der Plünderungen, die einige - französische - Revoluzzer im Schloß von Versailles begingen.) Dann kamen die Skiren und die Ostgoten, dann die Langobarden (denen gefiel es vor allem im Norden, der bald nach ihnen "Langobardei" und später verballhornt "Lombardei" genannt wurde) und die Normannen (denen gefiel es vor allem im Süden, in Apulien und Sizilien).
Irgendwann im 13. Jahrhundert wurde einer dieser Normannen, Frederico Roger, sogar König von Deutschland, wo sie ihn "Friedrich II" nannten. Er war aber nur einmal in seinem nördlichen Königreich (manche Historiker meinen auch zweimal, aber jedenfalls nur kurz), denn es gefiel ihm gar nicht: Erstmal hatte er dort eine Reisekrankheit bekommen. Dann war es dort im Winter verdammt kalt, und man traf ständig auf diese ungebildeten, ja ungehobelten Deutschen, die kein Normannisch sprachen (er selber sprach zwar auch kein Deutsch - aber wozu denn? Das war doch ein Dialekt für Minnesänger und andere Jammeraffen); und von großer Politik verstanden sie auch nichts, diese Duodez-Fürsten und kleinen Raubritter in Germania. In Italien, da war es immer schön warm, und da traf man nicht auf Deutsche, sondern schlimmstenfalls auf Italiener (der Normanne war auch Kaiser von Rom). Allerdings saß mitten in Rom, in der Engelsburg, der Papst, noch so ein verrückter Möchtegern-Politiker, der am liebsten ständig Krieg geführt hätte gegen die besten Handelspartner der Normannen, die Araber, bloß weil die Jerusalem besetzt hatten, so ein Dreckskaff in Palästina, aus dem noch nie etwas Vernünftiges gekommen war, so lange man zurück denken konnte, bloß Pappnasen, Holzbeine, rostige Nägel, Sägespäne und andere falsche Reliquien vom "Kreuz Iesu". (Fredis Vorfahren hatten die Kreuzfahrten dorthin oft genug mit gemacht, er wußte Bescheid.) Also verzichtete Fredi auf weitere Reisen nach Deutschland und Nahost, ignorierte auch den Bann des Geiferers im Vatikan und seine "christlichen Schweine", wie er sie nannte, blieb statt dessen zu Hause, badete täglich, nährte sich redlich, schrieb ein Buch über die Moorhuhn-, pardon Falken-Jagd und verlustierte sich mit seinen muslimischen Harems-Damen. In den folgenden Jahrhunderten fuhr kein gescheiter Italiener mehr nach Deutschland.
Umgekehrt war die Begeisterung der Deutschen für Reisen nach Italien dagegen ungebrochen. Ein gewisser Albrecht Dürer aus Nürnberg reist sogar zweimal hin. Nun ja, genau genommen nur bis nach Venedig, das Land zwischen Etsch und Isonzo, das bis heute nicht so recht dazu gehören will; dort wohnt er im "Fondaco dei Tedeschi" und malt im Auftrag eines deutschen Kaufmanns ein Bild (das "Rosencrantzfest") für die deutsche Kirche Sankt Bartholomäus; deshalb würde ihn Dikigoros an dieser Stelle eigentlich gar nicht erwähnen, wenn er nicht unmittelbar nach seiner Rückkehr - also sicher nicht ganz von ungefähr - ein weiteres, früher sehr berühmtes Reise-Bild, genauer gesagt einen Kupferstich geschaffen hätte, der heute weitgehend in Vergessenheit geraten ist, aber so gut auf die kommenden Ereignisse paßt, daß Dikigoros ihn einfach nicht schlabbern kann: Ritter, Tod und Teufel.
Teufel? Aber ist Italien, genauer gesagt Rom, nicht vielmehr der Sitz des Stellvertreter Gottes auf Erden? Na klar. Deshalb fährt auch im Winter des Jahres 1510 - also fast fünf Jahrhunderte vor der Kultfilm-Familie Struutz - ein anderer Ossi nach Rom, aber nicht im Trabi, sondern - wie Dürer - per pedes. (Damals sagt man auch für reisen zu Fuß noch "fahren"). Er besichtigt die schönen Tempel und findet, daß die Hindus genau der gleichen Religion anhängen wie die Christen: Auch sie glauben, daß gute Werke von einem oder mehreren Göttern und ihren Heiligen belohnt werden, und daß man durch sie Sünden wieder gut machen kann. Als gute Werke kommt alles Mögliche in Betracht, notfalls auch eine milde Gabe an einen Tempel. Manche Bettelmönche, pardon Saddhus halten die Hand zwar ziemlich unverschämt weit auf; aber darauf braucht man sich ja nicht einzulassen - wer es dennoch tut, mußte es selber wissen, vielleicht hat er ja entsprechend viel Dreck am Stecken. Ein paar Monate später kehrt der junge Ossi, Martin Luder heißt er übrigens, nach Hause zurück, macht Karriere als Abt eines Augustinerklosters und Professor für Moraltheologie in Wittenberg und stirbt 36 Jahre später glücklich und zufrieden; die Geschichte bewahrt ihm ein ehrendes Andenken in Form einer einzeiligen Fußnote in der Stadtchronik Wittenbergs.
Ach nein, liebe Leser, so war es gar nicht; Dikigoros hat hier dummerweise Italien mit Indien verwechselt (schreibt und spricht sich ja so ähnlich), wohl weil er selber in dem Alter, da der Ossi (der sich übrigens, pseudo-graeclatinisiert nach dem stümperhaften Vorbild seines Freundes Schwarzerd alias "Melanchthon", auch "Martinus Luther" nannte) nach Italien reiste, nach Indien fuhr. Falls Ihr von jenem Ossi schon mal gehört oder gelesen habt, verbindet Ihr mit ihm vielleicht die Vorstellung, er sei vom katholischen Glauben abgefallen und hätte eine Spaltung des christlichen Glaubens bewirkt. Laßt Euch keine Märchen erzählen und verwechselt vor allem religiöse nicht mit politischen Fragen - wie der, ob die Kirchensteuern nicht besser an einen deutschen Bischof als an den Bischof von Rom gezahlt werden sollten -, sondern fragt einmal, was den christlichen Glauben damals ausmachte. Er entsprach weitgehend dem, was Dikigoros eben als Hindu-Glauben beschrieben hat: Wer Gutes tat, kam in den Himmel, wer sündigte in die Hölle oder ins Fegefeuer; aber man konnte seine Sünden wett machen durch gute Werke, notfalls in Form von Geldspenden, und bekam dann einen Nachlaß ("Ablaß") auf seine Strafen nach dem Tode gewährt. Manche Bettelmönche, pardon Ablaß-Prediger hielten die Hand zwar ziemlich unverschämt weit auf, aber... usw., siehe Indien. Da die meisten Ablaß-Gelder nach Italien flossen, wollte Martin auch mal sehen, wo die denn geblieben waren und was der eilige, pardon heilige Vater in Rom so damit anstellte. Martin war gar nicht begeistert: Die Renaissance-Päpste hatten das Geld für großkotzige Bauwerke und teure Gemälde, Plastiken usw. verplempert; die römischen Priester waren dumm, faul und verfressen. (Später wird Martin ihnen auch noch vorwerfen, "versoffen" zu sein, obwohl er da durchaus im Glashaus saß: In Wittenberg florierten damals außer der neu errichteten - und noch ziemlich kleinen, unbedeutenden - Universität nur die Bierbrauereien, und auch Martin und seine Kollegen trugen dazu bei, daß die Arbeitsplätze dort nicht verloren gingen; das Enthaltsamkeits- und Fastengelübte der Augustiner bezog sich nicht auf vergorenen Gerstensaft!) Die einzige positive Ausnahme war Santa Maria dell'Anima - dort predigte ein deutscher Pfarrer. Der Papst gewährte Martin keine Audienz (das war nicht nett - heute empfängt er jeden Arsch, wenn der nur mit dem richtigen Reiseveranstalter aufkreuzt), und so war Martins Urteil schnell gefällt: Rom ist ein Sündenpfuhl, zügellos, heidnisch, ein Babylon, eine Synagoge (ja, Martin war strammer Antisemit!), eine Schule des Teufels, und der Papst (als Ossi schrieb er "Babst" und sagte wohl "Bobst") war der Anti-Christ in Person, daher sollten Reisen, pardon Wallfahrten nach Rom künftig verboten werden.
Einige fuhren dennoch weiter nach Italien, freilich nicht aus Frömmigkeit, sondern um zu studieren, vor allem die Rechte (die bis heute im Plural stehen, weil es damals weltliches und kirchliches Recht gab). Uli aus Fulda (also ein Wessi) versuchte es auch, in Pavia, in Bologna und in Rom, schaffte aber irgendwie keinen Abschluß, weil er lieber Gedichte las und schrieb (er fühlte sich als "Dichterfürst") als Paragrafen zu pauken. Und bei wem suchte er dafür am Ende die Schuld? Natürlich nicht bei sich, sondern bei den Italienern im allgemeinen und den Römern im besonderen: "In Rom ist alles käuflich", bemerkte er bitter - sein Geld reichte nicht aus, um sich einen Doktorhut zu kaufen. Irgendjemand hatte offenbar die Preise verdorben, aber wer? Da bekam er eines von Martins Flugblättern in die Hand, und es fiel ihm wie Schuppen von den Augen: die vielen Kirchensteuern und andere Abgaben der Deutschen an den Papst in Rom waren die Ursache für die Inflation dortselbst! Das mußte sofort aufhören, damit sich auch weniger gut betuchte deutsche Edelleute wieder den Kauf eines akademischen Grades leisten konnten. Uli kehrte heim ins Reich, kratzte alle verarmten Raubritter zusammen, die das genau so sahen, und begann mit ihnen einen Bürgerkrieg gegen die deutschen "Pfaffen und Junker" mit dem Ruf: "Los von Rom". Die Geschichtsbücher feiern Ulrich von Hutten heute als "großen Humanisten" (was immer das genau sein soll); Dikigoros stellt bloß fest, daß er weder ein großer Dichter noch ein großer Reisender (Definition folgt) war, denn er verlor alle seine Schlachten und mußte schließlich in die Schweiz ausreisen, wo er irgendwann (wann genau weiß man nicht) das Zeitliche segnete. Immerhin hielt ihn Martin für einen guten Christen.
Und da andere das - und anderes - anders sahen spaltete sich die Kirche? Nein, liebe Leser, damals sahen alle billig und gerecht denkenden Christen ein, daß irgend etwas faul war im Kirchenstaat, deshalb reformierte sich die Kirche ja auch. Ja, auch und gerade die katholische - leider ein paar Jahrzehnte zu spät (das Triënter Konzil dauerte sage und schreibe 18 Jahre, von 1545 bis 1563, was sicher nicht zuletzt an den schlechten Verkehrsverbindungen lag) und in die falsche Richtung. Sowohl Martin als auch die Katholiken (von denen ersterer gar nicht so weit entfernt war wie von manchen seiner evangelischen Mit-"Protestanten") schütteten nämlich das Kind mit dem Bade aus: Weil Tetzlaff, pardon Tetzel & Co. die Hand etwas zu weit auf gehalten hatten, meinten sie, daß der ganze Sermon von den guten Werken falsch sein müsse. Statt dessen lehrten die Katholiken von nun an die Vergebung der Sünden durch Gottes Gnade ohne Gegenleistung (außer einem bißchen Beten und einem läppischen Schuldbekenntnis in der Beichte, das an die Stelle einer "tätigen" Reue trat), und die Protestanten erfanden die "Prädestinations-Lehre", die behauptete, alles sei eh schon von Gott vorher bestimmt und könne vom Menschen durch keinerlei Handeln - sei es zum Guten, sei es zum Bösen - geändert werden, man müsse lediglich daran glauben. Was von solchen Lehren zu halten ist, mag der geneigte Leser sich selber ausmalen - oder sich bloß einmal die täglichen Nachrichten zu Gemüte führen: Wenn gute Taten eh nichts bringen kann man ja auch gleich schlechte begehen - und gibt es dann überhaupt noch "gut" oder "schlecht"? Vor Gott ist doch sowieso alles gleich, zumal wenn er es schon vorher bestimmt hat! So hat Martin Luther denn den alten christlichen Glauben gar nicht in zwei Hälften gespalten, sondern vielmehr zur Gänze über den Haufen geworfen. Anders ausgedrückt: Ein guter Glaube - der an gute Werke - wurde durch zwei schlechte - den an den Glauben als Selbstzweck und den ans Kismet - ersetzt; und alles nur, weil damals in Rom für kurze Zeit ein Hurenbock auf dem Papst-Thron saß, der sich lieber mit seinem Harem verlustierte als einen reisenden Mönch aus Ossiland zur Audienz zu empfangen und mit ihm theologische Fragen zu erörtern. So können Reisen Weltgeschichte machen, und ihre verderblichen Folgen spüren wir selbst heute, da kaum noch ein katholischer oder protestantischer Christ tief gläubig ist, mehr als deutlich.
Aber nicht nur ins ewige Rom zog es die ausländischen Gäste. (Das Wort "Gast" ist übrigens verwandt mit dem lateinischen Wort "hostis"; dies war auch dessen ursprüngliche Bedeutung - die später zu "hospes" oder "hospis" degenerierte -; die Bedeutungsverengung von "hostis" zu "fremder Feind" haben wohl jene ausländischen Gäste bewirkt.) 1522 fuhr eine deutsche Reisigen-Gruppe nach Mailand, einem der lohnendsten Reiseziele jener Zeit. In dem Vorort La Bicocca (heute Sitz der Mailänder Universität) trafen sie auf eine andere Gruppe von Reise-Läufern (so nannte man sie damals, als man noch überwiegend zu Fuß reiste, also ging oder lief; auch "fahren" konnte damals noch für "gehen" stehen), aus der Schweiz und tauschten fleißig Erfahrungen aus. Halten wir an dieser Stelle kurz inne. Mancher Leser dieser Seite - und anderer Seiten aus "Reisen in die Vergangenheit" - hat sich vielleicht schon stirnrunzelnd gefragt, ob Dikigoros Begriffe wie "Reisen" und "Reisende" nicht etwas überdehnt. Hier, in der ehemaligen Hauptstadt des Imperium Romanum, ist eine Antwort angezeigt. [Hat Dikigoros da eben jemanden laut denken gehört, daß doch gar nicht Mailand, sondern Rom die Hauptstadt gewesen sei? Nein, liebe Leser, das ist ein weit verbreiteter Irrtum: Rom war Hauptstadt der Römischen Republik. Den Begriff "Imperium" hatte zwar schon im 1. Jahrhundert v.C. Cicero geprägt, aber in einer ganz anderen - negativen - Bedeutung: Er meinte damit die Militär-Diktatur Sullas, aber der trat ja bald zurück und stellte die Republik - d.h. die Herrschaft des Senats - wieder her. Die bestand - trotz zahlreicher anderer Militär-Diktaturen von Augustus bis Aurelian - staatsrechtlich gesehen noch bis 275 n.C. fort. Damals ließ sich der letzte Konsul, ein gewisser Tacitus, vom republikanischen Senat unter einer neuen Reichs-Verfassung zum "Imperator" wählen und machte zu seiner Haupt- und Residenzstadt Mediolanum, d.h. Mailand! Im 4. Jahrhundert wurde in Konstantinopel eine weitere Residenz eingerichtet; aber das geschah bereits im Zuge der Reichs-Teilung; Mailand blieb Hauptstadt Italiens, bis die Germanen kamen und sie nach Ravenna verlegten.]
Die alten Römer fanden, daß Reisen etwas Schönes sei. Das Schöne hieß in ihrer Sprache, dem Lateinischen, "bellum". Und so nannten sie folgerichtig auch die Art von Reisen, die ihnen am schönsten erschien, "bellum". Das waren die, auf denen ihnen reichlich "Souvenirs" unterkamen, Dinge, die sie mitgehen ließen, und die ihnen diese schönen Reisen später immer wieder in gute Erinnerung riefen. Das Zeitwort sub-venire bedeutete ursprünglich "unter-kommen"; erst später nahm es die Bedeutung des alten recordari, "sich erinnern", an. (In einer noch späteren Zeit, als das Gedächtnis der Menschen - besonders das historische und politische - immer schlechter wurde, weil sie ihre Erinnerungen zunehmend verdrängten, sollte sich dieser Begriff verengen auf die krankhafte Jagd nach Höchstleistungen, nach "Rekorden", die allein noch für erinnerungswert gehalten wurden.) Ja, liebe Leser, Dikigoros weiß wohl, daß die Herren Professoren der Alt-Philologie das alles etwas anders sehen: Die sagen, daß "reisen" ursprünglich nur soviel bedeutet habe wie "aufstehen", d.h. seinen Hintern vom Schreibtisch hoch bekommen, daß das Hauptwort "bellum" von "duellum" komme und das Eigenschaftswort "bellum" von "bonum"; aber diese "wissenschaftliche", d.h. am Schreibtisch gewonnene Etymologie überzeugt den alt gedienten Reisenden Dikigoros gar nicht. Und selbst wenn es ursprünglich so gewesen wäre, war es sicher kein Zufall, daß sich diese beiden Begriffe aufeinander zu bewegten und schließlich deckungsgleich wurden. Die alten Germanen sahen das offenbar ähnlich. (Was durchaus nicht selbstverständlich ist, liebe Leser. Die Japaner z.B., die man so gerne "die Preußen Asiens" nennt, schreiben ihr Wort für schön mit den Zeichen für "Schaf" und "groß". Und eine schöne Frau, "bijin", ist bei ihnen buchstäblich "ein großes Schaf auf zwei Beinen". So unterschiedlich sind die Geschmäcker der Völker!) Da sie, wenn sie von ihren schönsten Reisen zurück kehrten - jedenfalls wenn diese Reisen erfolgreich verlaufen waren, aber sonst wären sie ja nicht zurück gekehrt - fast immer etwas Schönes mitbrachten (zumeist in ihren Beuteln, daher nannten sie es "Beute"), was sie dort gekriegt hatten, nannten sie diese Reisen Kriege, und so übersetzten sie auch "bellum" mit "Krieg" - was schwerlich ganz verkehrt gewesen sein kann. Für Dikigoros sind diese Begriffe austauschbar. (Und für diejenigen Deutschen, die Italien am nächsten wohnen, nämlich die Bayern, offenbar auch. Dort gab es noch bis ins 19. Jahrhundert eine "Reissteuer" - und die hatte nichts mit der Besteuerung von Reis zu tun, sondern es war das, was man in Preußen "Kriegs-Contribution" nannte.)
Zurück nach La Bicocca di Milano und zu unseren Reisläufern und Reisigen im 16. Jahrhundert. Der deutsche Reiseleiter, ein gewisser Georg von Frundsberg, saß bzw. stand in der ersten Reihe und traf dort auf den Reiseleiter der Schweizer, einen gewissen Arnold Winkelried. (Damals war es noch üblich, daß die Reiseleiter selber mit Hand anlegten - deshalb gingen sie auch noch nicht so leichtfertig auf Reisen wie ihre Nachfolger heutzutage, die bequem am Schreibtisch sitzen und am Fernseher verfolgen können, wie ihre Leute für sie auf die letzte Reise gehen). Dieses schöne Treffen begründete Frundsbergs Ruf als erstklassiger Reiseleiter, und da sie in Italien waren, sangen beide Gruppen anschließend eine liebliche Canzone, wie das dort in ihrem Metier üblich war. Das Lied der Deutschen ist verloren gegangen, behaupten die Historiker. Dikigoros glaubt das nicht; er glaubt vielmehr, daß auf beiden Seiten die gleiche Melodie gesungen wurde (da ja auch auf beiden Seiten - der französischen wie der kaiserlichen - Deutsche und Schweizer mit marschierten), halt nur mit unterschiedlichem Text. Und zumindest der Schweizer Text ist erhalten geblieben:
Potz Marter, Kyri, Velti,
(das waren Schimpfwörter der Schweizer für die Deutschen, Anm. Dikigoros)
Im Hals krepier' dein Red'.
Du frißt dich satt mit Lügen,
G'rad wie das Maul dir steht.
Du hast die Schlacht gewonnen,
Beim Saufen und beim Wein.
Wir rannten auf dein Lager,
Grub'st dich wie Schermäus' ein.
(Schermäuse=Maulwürfe; die haben übrigens gewonnen, Anm. Dikigoros)
Die Historiker präsentieren dazu heute eine Melodie, von der jeder, der auch nur "Hänschen klein" einigermaßen nachsingen kann, sofort merkt, daß sie unmöglich zu diesem Text passen kann. Der paßt vielmehr auf eine ganz andere Melodie; aber lassen wir das erstmal dahin stehen und verfolgen statt dessen den Weg unserer Italien-Reisenden weiter. 1527 fuhren sie nach Rom. Frundsberg, ihr alter Reiseleiter, war unterwegs verunfallt (nein, nicht an einer Berufskrankheit, sondern an einem Herzinfarkt; die Reisekasse war leer, da hatte er sich so aufgeregt, daß ihm die Glocke schlug - die zufällig auch das Wappen seiner Heimatstadt ziert), und so schlossen sie sich einer spanischen Reisigen-Gruppe an, deren französischer Reiseleiter (nach dem später eine bestimmte Whisky-Sorte - nämlich die aus Mais gewonnene - benannt werden sollte) das ganze nicht gerade überragend organisiert hatte. Als sie endlich am Ziel waren, in zerrissenen Klamotten und mangels ausreichenden Reiseproviants halb verhungert, machten sie sich über das her, was sie in der Stadt vorfanden. Einen Tag später wurden sie durch Truppen des Geiferers von der Engelsburg wieder hinaus geworfen, die in den Stadtteilen der verhaßten Bürgerlichen grausam mordeten und plünderten. (Das italienische Wort "sacco" bedeutet übrigens sowohl "Plünderung" als auch "Sack, Beutel" - eine bemerkenswerte Parallele zum deutschen Wort "Beute".)
Umso verwunderter waren die deutschen Reisigen, als sie später, bereits wieder nach Deutschland heimgekehrt (bis auf die knapp 90%, die nicht heimgekehrt, sondern an einer Reisekrankheit gestorben waren), vernahmen, daß die päpstliche Greuel-Propaganda ausgerechnet ihnen das "Sacco di Roma" angehängt hatte, das in Wirklichkeit die römischen Truppen selber angerichtet hatten. Und dazu hatte sie noch den hetzerischen Begriff "furor teutonicus" geprägt, "teutonisches Wüten". Nein, liebe Leser, dieser Begriff stammt nicht aus der Antike, auch wenn man lange versucht hat, ihn Marius (der Italien damals von Kimbern und Teutonen "säuberte"), Caesar oder Pompeius in den Mund zu legen. Die Historiker behaupten zwar, der Begriff gehe auf den Römer Lucanus (einen Zeitgenossen Neros, der ihn in den Tod getrieben haben soll) und seine "zehnbändige Geschichte des römischen Bürgerkrieges" zurück, aber das ist eines der vielen Märchen, die durch die Geschichte geistern können, solange sie niemand nachprüft. Zunächst einmal gibt es ein solches Werk gar nicht, vielmehr wird so fälschlich ein zehnstrofiges Gedicht Lucans genannt, das zwar auch vom Bürgerkrieg handelt, das er selber jedoch auf Latgriechisch (das war damals die Mode-Sprache, so wie heute Germenglish) "Pharsalia (Farcen)" genannt hatte. Dort kommen zwar tatsächlich - über zwei Zeilen verkleckert - die Wörtchen "furoris Teutonici" vor, aber das ist alles andere als ein Schlagwort, zumal das Wort "furor" in jenem Gedicht an die hundertmal vorkommt, und nur einmal davon in Verbindung mit den Teutonen! (Wer das nicht glaubt, mag es selber nachlesen - die Wörtchen befinden sich in den Zeilen 255/256 der ersten Strofe.)
Nein, das Schlagwort vom "furor teutonicus" ist eine Rück-Übersetzung des Begriffs "la tedesca rabbia (die deutsche Wut)" aus dem Italienischen ins Lateinische. Die "tedesca rabbia" wiederum geht auf einen gewissen Petrarca zurück, genauer gesagt auf "Italia mia (mein Italien)", seine 16. (nach Zählung der Deutschen: 128.) Canzone. (So werden seine Gedichte heute genannt; bis ins 19. Jahrhundert sagte man "Reime", er selber nannte sie einfach "Fragmente".) Das war ein Deutschen-Hasser, der im 14. Jahrhundert lebte und starb, ohne daß man von seinen Ergüssen allzu viel Kenntnis genommen hatte, denn er hatte den Faux-pas begangen (wie vor ihm schon ein gewisser Dante), statt auf edlem Lateinisch in der "vulgären" Sprache des einfachen Volkes zu dichten, die wir heute "Italienisch" nennen. Das imponierte nur einem gewissen Rienzo, einem rüden Revoluzzer, der den ersten "Marsch auf Rom" organisiert und dort für einige Jahre die Macht ergriffen hatte; der hatte Petrarca zum "Dichterfürsten" krönen lassen - aber das war nur ein Jux gewesen, und der Spuk bald vorbei. Doch im 16. Jahrhundert war die Zeit reif, um ihn "wieder" zu entdecken und zum italienischen National-Dichter hoch zu stilisieren. "Petrarcismo" nannte man das. Warum Petrarca die Deutschen so sehr haßte, weiß Dikigoros nicht. Eigentlich hätte er viel mehr Grund gehabt, die Franzosen zu hassen, war er doch - angeblich - ein glühender Anhänger des Papstes, und den hatten die Franzosen gerade nach Avignon entführt und einen der ihren auf seinen Thron gesetzt. Aber Rienzo war - Ironie der Geschichte - ein Gesandter des französischen (Gegen-)Papstes Clemens VI (nein, liebe Leser, suchen lohnt nicht; die römische Kirche und die Lexika-Verlage haben ihn aus ihren Registern gestrichen; nur bei den Franzosen taucht er noch auf, als "Robert von Genf"); die Franzosen konnte Petrarca also schlecht hassen - statt dessen wählte er die Deutschen als Zielscheibe seines Hasses. Natürlich dementierte er in dem besagten Gedicht gleich mit Nachdruck, aus Haß zu schreiben - aber das hat Dikigoros eingangs schon zitiert, in der dritten Zeile der Überschrift; die Übersetzung liefert er weiter unten nach.
Vom "furor teutonicus" sprachen die Italiener (und nicht nur die) fortan immer dann, wenn sie von ihrem eigenen Wüten gegen die Deutschen ablenken wollten. Wie wir heute wissen, war schon der "heldenhafte Sieg" der Römer gegen die Kimbern und Teutonen nichts weiter als ein brutaler Völkermord an einem traurigen Häuflein verzweifelter Flüchtlinge - überwiegend Frauen und Kinder -, die von Naturkatastrofen und Hungersnöten aus ihrer Heimat vertrieben durch Europa irrten auf der Suche nach Asyl, die sich in aller Regel friedlich verhielten und nur in Notwehr zu ihren (Jagd-)Waffen griffen, z.B. als die Römer über sie herfielen. Erst deren Propaganda machte daraus eine "Bedrohung" für Rom, um ihre eigenen Verbrechen zu rechtfertigen: Die Kimbern wurden im Mailänder Vorort Vercellae - ganz in der Nähe von La Bicocca - euthanasiert; die Teutonen hatte es schon ein Jahr zuvor erwischt, bei Aquae Sextiae, in der Nähe der berühmten "Alyscamps", wo die Römer ihre Toten in Sarkophagen entlang der Via Aurelia, einer riesigen Gräber-Straße, zur letzten Ruhe betteten. (Die Leichen ihrer Gegner wurden selbstverständlich den Geiern überlassen.) Aber wie war das: "Wir trauern nicht an kalten Sarkophagen..." Nein, trauern wollten (und wollen) die Römer nicht; denn an ihre eigenen Greueltaten und deren Urheber wollten (und wollen) die Italiener nicht erinnert werden - es sei denn, daß man sie als Heldentaten edler Menschen darstellte. Die hatten keinen Furor, sondern die machten "Furore", und das ist nach italienischem Verständnis etwas durch und durch Positives, "etwas, das Beifall verdient" - so definiert es das Lexikon. Und die Nachwelt machte mit. Da gab es zum Beispiel den Andrea Doria aus Genua, einen Condottiere (das ist Italienisch und heißt wörtlich "Zusammenführer"; so nannte man damals die Reiseleiter, weil sie die Menschen zusammen führten) wie aus dem Bilderbuch. Er war mehrere Jahrzehnte in seinem Beruf tätig, vor allem in Italien, aber er führte auch französische und deutsche Reisigen-Gruppen. Alles in allem gehen auf sein Konto mehr Reisen - und mehr tödliche Reise-Unfälle - als auf die aller seiner Zeitgenossen zusammen. Das hindert nicht, daß er bis heute ungeheuer populär ist, und das nicht nur in Italien: Schiffe werden nach ihm benannt, er wird in Liedern besungen und auf Öl gemalt.
Sein Kollege Frundsberg und dessen Kameraden hatten weniger Glück: Ein paar Überlebende des traurigen Häufleins von 1522 und 1527 heuerten noch einmal zur Großen Fahrt an - und wieder gegen eine Italienerin, Katharina von Medici, die Mitte des 16. Jahrhunderts als Königin-Mutter über Frankreich herrschte. Erfolglos belagerten sie Chartres, zusammen mit ihren Eidgenossen (die Franzosen verballhornten das bald zu "Hugenotten"). Und als sie im Feld vor Chartres - durch Verrat - geschlagen waren, erinnerte sich einer von ihnen an das Lied von La Bicocca (vielleicht schrieb er den traurig-trutzigen Text auch neu oder änderte ihn ab; Dikigoros weiß es nicht genau; aber der gleiche Rhythmus der beiden Texte und der historische Zusammenhang sagen ihm, daß die Melodien identisch gewesen sein müssen):
Wenn alle untreu werden, dann bleiben wir doch treu,
Daß immer noch auf Erden für Euch ein Fähnlein sei.
Gefährten uns'rer Jugend, ihr Bilder bess'rer Zeit,
Die uns zu Männertugend und Liebestod geweiht...
Es haben wohl gerungen, die Helden dieser Frist,
Und ist der Sieg gelungen, übt Satan neue List.
Doch wie sich auch gestalten im Leben mag die Zeit,
Du sollst uns nicht veralten, o Traum der Herrlichkeit.
Ihr Sterne seid uns Zeugen, die ruhig niederschau'n,
Wenn alle Brüder schweigen und falschen Götzen trau'n.
Wir woll'n das Wort nicht brechen, nicht Buben werden gleich,
Woll'n predigen und sprechen vom Heil'gen Röm'schen Reich.
(Die Schreibweise ist natürlich der Gegenwartssprache angepaßt, Anm. Dikigoros)
Sechs Jahre später übernahmen die Niederländer, die gerade ein eigenes Reisebüro eröffnet hatten (was ihrer Konzern-Spitze in Spanien gar nicht Recht war) die Melodie, und ein gewisser Philip van Marnix schrieb darauf einen neuen Text, der später zu ihrer National-Hymne werden sollte. (Ein gewisser Adrian Valerius sollte die Melodie einige Jahrzehnte später zwar noch leicht abändern, aber man kann "Wilhelmus van Nassauwe" bis heute auch auf die alte Melodie singen.) Die Franzosen schrieben ebenfalls einen eigenen Text darauf: "Pour aller à la guerre, faut être matineux...(Um in den Krieg zu ziehen, muß man gar früh hinaus...)" - eine Neufassung des ältesten überlieferten Reisigen-Liedes überhaupt, "Réveillez-vous, Picardes (Wacht auf, wacht auf, Pikarden)". (Das sind die Einwohner der Pikardie, des Landstrichs, durch den die Somme fließt, für Reisende, denen das noch etwas sagt; die anderen können es hier nachlesen.) Wieder rund ein Jahrhundert später wurde "la guerre (der Krieg)" durch "la chasse (die Jagd)" ersetzt. (Wo ist da schon der Unterschied? Das französische Wort "chasseur" bedeutete bis ins 20. Jahrhundert neben "Jäger" auch "Soldat, Schütze".) Und in dieser Form spukt der Text als vermeintliche Urform des Liedes durch die Geschichtsbücher. Tatsächlich grub noch einmal ein knappes Jahrhundert später ein Memelländer namens Max von Schenkendorf den alten deutschen Text wieder aus und brachte ihn in die Form, die Dikigoros eben zitiert hat. Und warum beschreibt Dikigoros das hier alles so lang und breit, scheinbar völlig am Thema vorbei? Nun, weil es zu den Treppenwitzen der sich wiederholenden Geschichte gehört, daß über 400 Jahre nach Frundsbergs Ableben wieder eine Reisigen-Gruppe nach ihm benannt wurde, deren Angehörige just dieses Lied zu ihrer Hymne erkoren (wobei sie freilich "Röm'schen" durch "Deutschen" ersetzten) und nach ihrer Rückkehr - sofern sie denn zu den knapp 10% gehörten, die zurück kehrten - allesamt pauschal zu Kriminellen abgestempelt wurden, auch wenn ihr einziges "Verbrechen" darin bestand, daß sie "dabei gewesen" waren und ihren Eid nicht gebrochen hatten. Und mit ihnen wurde auch ihr Namensgeber geächtet, den heute kaum noch jemand kennt. Da jene Reisigen-Gruppe, die ansonsten in ganz Europa hin und her reiste, durch einen merkwürdigen Zufall nie nach Italien kam, und da ein Vetter seines Vaters als 17-jähriger Junge, den niemand gefragt hatte, ob er mit wollte, auch "dabei" war, schiebt Dikigoros - auch wenn alle anderen Brüder schweigen - das an dieser Stelle ein. [Nachtrag August 2006: Ein "Bruder", der nicht nur schwieg, sondern seinen Ex-Kameraden sogar mit Verleumdungen in den Rücken fiel, war der Kaschube Günter Graß, der seinen Namen kurzerhand in "Günter Grass" änderte und so Jahrzehnte lang erfolgreich verschleierte, daß auch er "dabei" gewesen war - wohlgemerkt nicht ungefragt, sondern als Freiwilliger. Aber mehr als diese kurze Anmerkung soll Dikigoros jenes üble Individuum, das den Ruf der "Frundsberger" besudelt hat wie kaum ein anderer, nicht wert sein.]
Nach dem Dreißigjährigen Krieg florierte das jetzt unabhängige Reisebüro Niederlande bestens (aber das ist eine andere Geschichte). Dagegen gab es in Deutschland kaum noch Sehenswürdigkeiten, weil ausländische Reisende fast alles in Schutt und Asche gelegt hatten. Besonders hervor getan hatte sich dabei ein römischer Reisender namens Octavio Piccolomini. (Warum der so hieß? Da kann Dikigoros nur Mutmaßungen anstellen. Zwar war er klein und dick, aber wenn es nur darum ginge, müßte er doch Piccolograssi genannt worden sein. Nun, vielleicht stand das zusätzliche "mini" gar nicht für seinen Körper, sondern für seinen Charakter.) Er wurde dafür vom Kaiser mit Geld, Orden und Fürstentiteln überhäuft - ein schlagender Beweis für die deutsch-italienische Freundschaft. Deshalb wurde es nun für die adelige Oberschicht Deutschlands Mode, eine so genannte "Kavaliers-Tour" durch Italien zu unternehmen, irgendwann nach Abschluß der Schule oder der Universität; erst mit einer solchen war der Bildungsweg eines Mannes von Welt (Frauen brauchten nicht zu reisen) vollendet. Bei Licht besehen (aber außer ein paar Tranfunzeln gab es das damals kaum - schon gar nicht in Italien) waren das meist recht wüste Zech-Touren, in denen hauptsächlich Bordelle besucht wurden (seit dem hat dieses schöne Wort auch in die deutschen Sprache Eingang gefunden und sich da bis heute gehalten). Aber wer weiß, wie einige adelige Studenten damals (und nicht nur damals) ihre "Studien"-Zeit an der Universität herum bekamen, wird nicht ernsthaft bezweifeln, daß eben das ein durchaus passender Abschluß ihrer Ausbildung war. (Aber bitte, es mag damals tatsächlich sinnvoller gewesen sein, zu lernen, wie man mit Säbel und Degen umgeht, und wie man einen guten Wein und ein gutes Bier von weniger gutem Wein und weniger gutem Bier unterscheidet, als irgendwelches theoretisches Zeug in alten Büchern zu lesen - Dikigoros will sich darüber kein Urteil anmaßen.)
weiter zu Teil II
zurück zu Kreuzfahrer und Troubadoure heim zu Reisen durch die Vergangenheit