UND IHR HABT DOCH [NICHT] GESIEGT . . . !
VERLIERER AUF DEM SIEGERTREPPCHEN
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"Treppenwitze der Weltgeschichte", die gar keine waren
Die Geschichte ist voll von berühmten Sprüchen. Die meisten von ihnen wurden entweder falsch zitiert, falsch übersetzt, aus dem richtigen Zusammenhang gerissen, den falschen Personen in den Mund gelegt oder überhaupt nie gesagt. Kleine Auswahl gefällig? Caesar hat, als der den Rubicon überschritt, nicht gesagt: "Der Würfel ist gefallen" - welchen Sinn hätte eine solche Aussage auch machen sollen? -, sondern "Der Würfel möge fallen [alea iacta estos]". Nicht der Papst in Rom hatte mit den Worten "Gott will es" Kreuzfahrer für die Rückeroberung des Heiligen Landes von den Muslimen geworben, sondern irgendein exkommunizierter Ex-Bischof in der französischen Provinz, der sich zum Gegenpapst ernannt hatte und mal etwas wichtig machen wollte. (Diesem Aufruf folgte ja auch kaum ein seriöser Ritter, sondern nur ein Haufen blutrünstiger Abenteurer und Habenichtse :-) Marie Antoinette hat nie gesagt, daß die hungernden Armen, die kein Brot hatten, doch Kuchen essen sollten - dieser Satz war vielmehr eine Erfindung des spinnerten Fantasten Johann Jacob Rosenwasser. (Und selbst der hatte ihn keiner bestimmten Person zugeschrieben, das taten erst andere nach ihm :-) Pétain sagte nicht: "Wir werden sie dran kriegen" - ein Satz, den französische Deutschenhasser noch heute vor jedem Fußballspiel gegen Mannschaften aus der BRDDR zitieren (selbst solche, in denen kein einziger Deutscher mehr mit spielt :-) -, sondern er hatte 1916 vor Verdun einen Tagesbefehl verfaßt, an dessen Ende es hieß: Jedermann hat so zu kämpfen, daß man die selben Erfolge wie gestern haben wird. Nur Mut - man wird sie [gemeint waren die Erfolge] haben [on les aura]!" Über den von der "Friedensbewegung" fälschlich Brecht zugeschriebenen Satz: "Stellt Euch vor, es ist Krieg, und keiner geht hin" - und insbesondere seine tatsächlich von Brecht stammende Fortsetzung "... dann kommt der Krieg zu Euch" - schreibt Dikigoros an anderer Stelle - er will sich hier nicht wiederholen. Metaxás hat die Ultimaten von Mussolini und Churchill keineswegs mit einem schlichten "óchi" zurück gewiesen - gleichwohl ist dieses vermeintliche Zitat zum Lieblingswort aller griechischen Politiker geworden (und bis heute geblieben :-), die sich ihnen unliebsamen Forderungen von welcher Seite auch immer gegenüber sehen, und zwar unter ausdrücklicher Berufung auf Metaxás. Kennedy sagte nicht, daß er ein Berliner sei, sondern daß er sich immer freue, jemanden zu treffen, der ihm sagte: "Ich bin ein Berliner." Gorbatschow sagte nie: "Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben" - dieser Satz wurde ebenso frei von einem Schmieren-Journalisten erfunden wie einst der Lübke in den Mund gelegte Satz: "Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Neger!" Doch das alles nur vorweg; denn darauf will Dikigoros hier gar nicht hinaus. Den Satz aus der ersten Zeile der Überschrift gab es tatsächlich, und er schien sogar eine Zeit lang sachlich richtig zu sein. Daß es aber auch mit dieser scheinbaren Richtigkeit auf Zeit nicht immer getan ist, soll der Gegenstand der folgenden Ausführungen sein. Und damit genug der Einleitung.
"Kein Sieger glaubt an den Zufall" schrieb einst Friedrich Nietzsche. Damit meinte er wohl nur, daß, während ein Verlierer oft auf sein "Pech" verweist, ein Gewinner nur ungerne einräumt, daß ihn nur ein glücklicher Zufall begünstigt hat; vielmehr ist er in der Regel davon überzeugt, daß der Sieg allein sein eigenes Verdienst sei; er glaubt, keine Hilfe Fortunas (Gottes, des Schicksals o.ä) zu brauchen. Das ist an sich eine ganz banale psychologische Erkenntnis und keinen Aforismus wert. Aber wie das so ist mit Sprüchen (manchmal sogar mit ganzen Büchern - nicht zuletzt auch denen Nietzsches): Sie enthalten oft eine viel tiefere Bedeutung, als sie ihr Urheber im Sinn hatte; der Leser muß sie nur finden, und schon gewinnen sie einen ganz neuen Sinn. Ergänzen wir doch den Satz mal um ein Wort: "Kein wissender Sieger glaubt an den Zufall." Und dann mag er sogar richtig liegen: Der Feldherr, der soeben eine Schlacht gewonnen hat, weiß ja, daß er seinen Sieg nur der guten Arbeit seiner Spione zu verdanken hatte. [Ja, was glaubt Ihr denn, wie der Pazifikkrieg entschieden wurde? Gewiß, die Japaner vergaben den ersten Matchball in Pearl Harbor - darüber schreibt Dikigoros an anderer Stelle -; aber sie hätten ihn danach immer noch gewinnen können, wenn sie nicht die Schlacht bei den Midway-Inseln verloren hätten, obwohl sie bessere Flugzeuge und bessere Piloten hatten als die USA; und das war kein Zufall, sondern die US-Amerikaner hatten schlicht ihren Funkcode geknackt, und wußten deshalb auf die Sekunde genau, wann die Japaner zum Wiederauftanken auf ihre Flugzeugträger zurück kehrten und kurzfristig wehrlos waren - genau in dem Augenblick griffen die Amerikaner an.] Auch der Sportprofi, der soeben einen Titel gewonnen hat, weiß sehr wohl, daß er das lediglich seinem Doping und der Tatsache zu verdanken hat, daß sein Management die zuständige Doping-Behörde geschmiert hat, damit sie seine Probe verschwinden läßt, während sie die seines Gegners sofort offengelegt hätte, wenn der etwa gewagt hätte, ein Gleiches zu tun. (Aber auch darüber schreibt Dikigoros an anderer Stelle.) Und selbst der Schachspieler, der die schwarzen Steine führt, weiß genau, daß er die Partie nicht gewinnen kann, wenn nicht sein Gegner einen Fehler macht - und auch das ist kein Zufall, sondern dessen Dummheit. Allein der Kiebitz neben dem Brett, der Sportlaie am Fernseher und der Zeitungleser fernab der Front, d.h. die Unwissenden, mögen in all diesen Beispielen an "Zufall" glauben. Und das gilt für viele andere Lebensbereiche auch: Kein professioneller Jurist glaubt an die Gerechtigkeit (bei manchen Prozessen schwindet dieser Glaube freilich schon beim juristischen Laien im Zuschauerraum - aber der mag noch an eine bedauerliche Ausnahme glauben); kein professioneller Statistiker glaubt an Statistiken (es sei denn, er hätte sie selber gefälscht oder ihre Fälschung selber in Auftrag gegeben, wie es Churchill einmal ausdrückte - aber das gilt wohl für alle anderen Politiker auch), und kein professioneller Historiker glaubt an das, was in Euren Geschichtsbüchern steht - und damit nähern wir uns dem Thema dieser Reise.
Die alten Griechen glaubten an den Zufall - sie nannten ihn nur anders: den "Neid der Götter". Ihre Tragödien kreisen eigentlich nur um dieses eine Thema; aber es würde zu weit führen, dem hier weiter nachzugehen; Dikigoros geht es hier nur um einen ganz speziellen Aspekt daraus, nälich den des Treppenwitzes. Ihr Wißt doch alle, was das ist, liebe Leser? Na klar: Das ist, wenn alles ganz anders kommt, als man denkt (gewissermaßen über die Hintertreppe und durch die Hintertür), genauer gesagt, wenn man versucht, etwas, das so kommen muß, umzubiegen und damit den Göttern ins Handwerk zu pfuschen, und zunächst auch glaubt, damit Erfolg gehabt zu haben, nur um dann im Rückblick feststellen zu müssen, daß man durch dieses Manöver das Verhängnis gerade erst herbei geführt hat. Jeder kennt wohl die Geschichte von Ödipus, der nur deshalb zum Mörder seines Vaters und Geliebten seiner Mutter wurde, weil die ihn, um eben das zu verhindern, als Kind aussetzten. Nicht jeder (wohl aber jeder Leser von Dikigoros' "Reisen durch die Vergangenheit", insbesondere dieser Seite) kennt die Geschichte des troianischen Königssohns Aléxandros, der ebenfalls als Kind ausgesetzt wurde, um nicht zum Verderber seiner Heimat zu werden, dann aber unter dem Namen "Páris" zurück kehrte und durch den Raub der Helénä genau das wurde. Die Weltgeschichte ist voll von solchen Treppenwitzen.
Aber letztlich wäre es eine langweilige Reise auf viel zu breiten, ausgelatschten Pfaden, diesen "einfachen" Treppenwitzen nachzugehen; und das will Dikigoros seinen Leser nicht zumuten. Er will vielmehr auf etwas hinaus, das er den "doppelten Treppenwitz" nennt. Darunter versteht er, daß sich noch etwas später heraus stellt, daß der vermeintliche Treppenwitz doch gar keiner war, sondern nur eine vorübergehende Fehlinterpretation, daß vielmehr der erste Eindruck doch der richtige war. Nehmt nur mal den Spruch aus der Überschrift: Ältere Leser werden sich vielleicht noch erinnern, daß den die Nazis 1933 prägten, als sie weniger als zehn Jahre nach ihrer Niederlage beim Marsch auf die Münchner Feldherrenhalle anno 1923 doch die Macht ergriffen - hätten sie nur weitere zwölf Jahre in die Zukunft schauen können... Aber lassen wir das; man sollte langfristige Entwicklungen der Geschichte nicht an zehn oder zwölf Jahren fest machen. Und Dikigoros möchte auch nicht dahingehend mißverstanden werden, daß er hier nur solche Fälle heraus greifen will, in denen vermeintliche Sieger im Nachhinein zu Verlierern - oder, wie man jetzt auf Neu-Deutsch sagt, Losern wurden -, das wäre allzu einfach: Natürlich haben den Zweiten Weltkrieg nicht nur die deutschen Nazis verloren (sondern alle Deutschen, auch die, deren Kinder und Kindeskinder sich heute einreden lassen, sie seien nicht besiegt, sondern "befreit" worden), vielmehr auch die Völker der Sowjetunion und Rot-Chinas, die doch an seinem vermeintlichen Ende glaubten, als "Sieger" da zu stehen - aber dann erwies sich die stalinistische bzw. maoistische Herrschaft als hundertmal schlimmer als es selbst die härteste Besatzung nach einem Sieg des national-sozialistischen Groß-Deutschlands bzw. des kaiserlichen Dai-Nippon je gewesen wäre. Und umgekehrt wurde auch der größte Blutsäufer des 19. Jahrhunderts, Napoleon Bonaparte, obwohl er am Ende des Krieges unzweifelhaft als Verlierer da stand, von seinen "Landsleuten" (Dikigoros erlaubt sich, das in Anführungsstriche zu setzen, weil er die Franzosen meint, nicht die Korsen) posthum zum "Sieger" hoch stilisiert (fast sogar zum Nationalhelden, aber das ist eine andere Geschichte); und der Kommunismus hat in der DDR doch gesiegt - freilich erst nach der "Wieder"-Vereinigung mit der BRD, seitdem die blöden Wessis das Defizit voll finanzieren. Wie gesagt, das allein reicht Dikigoros nicht: Ihm geht es um die doppelte Pointe, etwa wenn sich irgendwann doch noch heraus stellen sollte, daß der Stalinismus und der Maoismus gute Sachen waren, die den beiden Ländern und ihren Völkern im Nachhinein nur genutzt haben - davon sind sie allerdings beide Lichtjahre entfernt. So lange können wir nicht warten, und so stellt sich die Frage: Ab wann darf man ein Urteil fällen, ob jemand doch [nicht] gesiegt hat, und aus wessen Perspektive? Daß das Ende der Kampfhandlungen nicht immer auch das Ende eines Krieges ist, ist eine Binsenweisheit, ebenso, daß es bisweilen keine Sieger, sondern nur Verlierer gibt. Wollen wir uns dennoch auf die Reise machen, um vermeintlichen Siegern zu begegnen, die in Wirklichkeit (verstanden als Langzeit-Wirkung!) Verlierer waren - und umgekehrt. Und wir wollen dabei schön ausgewogen sein, damit man uns nicht schon im Ansatz mangelnde politische Korrektheit vorwerfen kann. Lassen wir also keinen Erdteil aus, und achten wir darauf, daß es am - mutmaßlichen - Ende ebenso viele unverhoffte Gewinner wie Verlierer gibt.
Moment mal - muß es nicht zwangsläufig in allen Geschichten beides geben (denn solche, in denen es nur Sieger bzw. nur Verlierer gab, eignen sich ja wohl nicht für diese Reise durch die Vergangenheit)? Nach welchen Kriterien will Dikigoros sie jeweils in die eine oder andere Kategorie einordnen? Das ist eine gute Frage. Man sagt ja, die Geschichte werde für gewöhnlich von den Siegern geschrieben; aber es gibt auch Fälle, in denen eine Seite ihre Niederlage geradezu verklärt hat - die erste und die letzte Geschichte zeugen davon.
(...)
Fortsetzungen folgen
AMERIKA: REMEMBER THE ALAMO!
(Gringos gegen Wetbacks)
AFRIKA: ES LEBE DIE UNABHÄNGIGKEIT!
(schwarze gegen weiße Narren)
ASIEN: DER HÄßLICHE KONTINENT UND DIE SCHÖNE INSEL
(Chinesen gegen Taiwanesen)
AUSTRALIEN: DER WEIßE KONTINENT
(Von Kanguruhs und anderen Beuteltieren)
NAHOST: HEILIGES LAND - ZU WESSEN HEIL?
(Juden und Israelis gegen Palästinenser und andere Araber)
Was soll denn dieser Pleonasmus, den Dikigoros in den Untertitel eingeflossen hat? So können nur Christen fragen, die ihr Altes Testament nicht gelesen haben; die anderen müßten wissen, daß es Jahrhunderte lang - also viel länger als die deutschen Ossis und Wessis staatlich getrennt waren - im Heiligen Land die getrennten Staaten Israel und Judäa gab. Und auch in späteren Jahrhunderten - eigentlich bis heute - war das Volk, das man früher oberflächlich "die Juden" nannte und heute ebenso oberflächlich "die Israelis" (sie als "die Hebräer" zu bezeichnen, wäre ebenso ungenau, denn so bekloppt, Hebräisch zu sprechen, sind ja nur die Angehörigen des Staates Israel, also nur ein Bruchteil des immer noch weltweit verstreuten Volkes), stets in Ossis und Wessis geteilt, in Aschkenasim und Schephardim, deren Haß untereinander nicht viel kleiner war als ihr gemeinsamer auf Christen und Muslime - aber das ist eine andere Geschichte. Erst im 20. Jahrhundert rauften sie sich unter dem Zwang der Ereignisse halbwegs zusammen. In dessen erster Hälfte hatten sie wahrhaftig nicht viel Glück: Die Westalliierten hatten ihnen (ebenso wie den Arabern) nach dem Ersten Weltkrieg Palästina versprochen (das gehörte ihnen zwar gar nicht, sondern den Türken, aber gegen die führten sie ja Krieg, und Feindesbesitz verschenkt sich leicht), es sich dann aber lieber selber unter den Nagel gerissen, als "Mandatsgebiet". Dann waren sie von den Mittel- und Ost-Europäern - unter Federführung, aber durchaus nicht nur auf Betreiben der Nazis - aus ihren Gastländern vertrieben worden, denen sie entgegen damals weit verbreiteter Meinung durchaus nicht nur Schlechtes gebracht hatten (aus Nord-, West- und Südeuropa waren sie schon viel früher vertrieben worden und viel gründlicher, obwohl man ihnen dort noch mehr verdankte), und auch die Amerikaner hatten keinen Finger gerührt, sie aufzunehmen, sondern vielmehr die Schotten dicht gemacht. Dann hatten sie versucht, sich ihr Heiliges Land mit Waffengewalt zu erobern; daß sie dabei von den Westalliierten - die doch unter dem nachträglich konstruierten moralischen Vorwand, ihren helfen zu wollen, den Krieg gegen Deutschland geführt hatten - im Stich gelassen wurden, mochte noch angehen, wenn es nur das gewesen wäre; aber sie fielen ihnen auch noch in den Rücken: Die Engländer mobilisierten ihre Arabische Legion, die sie, die Israelis (so nannten sie sich von nun an), aus ihrer historischen Hauptstadt Ost-Jerusalem hinaus warf und ihnen auch Judäa und Samaria nahm. Für ihren neuen Staat blieb mal gerade ein Küstenstreifen, der an seiner engsten Stelle mit Recht als "Handtuch" bezeichnet werden durfte; sie hatten den Kampf ums Heilige Land offenbar verloren; und ihre arabischen Nachbarn warteten nur auf die erste beste Gelegenheit, auch den Rest dieser "Nachfahren der Kreuzfahrer" vollständig ins Meer zu werfen (natürlich nicht als Schwimmer, sondern als Leichen). Knapp zwanzig Jahre später schien es so weit zu sein: Die Araber hatten eine große Koalition gegen das kleine Israel zusammen gebracht, das sich nur auf amerikanische Waffen stützen konnte und auf deutsche "Wiedergutmachungs"-Gelder. (In Anführungsstrichen, denn was konnten diese Gelder denn wieder gut machen? Die Ermordung der Überlebenden der deutschen Konzentrationslager durch die Briten auf den Todesschiffen vor Zypern und in Palästina? Man sollte doch ehrlich genug sein, einen den Kriegsverlierern auferlegten Tribut auch so zu nennen!) Aber es kam ganz anders: Binnen einer Woche eroberten die Israelis Judäa und Samaria mit Ost-Jerusalem zurück und schlugen auch an den anderen Fronten ihre Feinde kräftig aufs Haupt. Unter den alten Landsern, die dieses Wunder vollbracht hatten - die alle noch Jiddisch, jenen wohlklingenden, aus dem Mittelhochdeutschen entstandenen Dialekt sprachen, während sie ihre Kinder zwangen, das häßliche, schon vor zwei Jahrtausenden ausgestorbene Alt-Hebräisch zu erlernen - machte ausgerechnet der Nazi-Spruch die Runde: "Und Ihr habt doch gesiegt!"
(...)
EUROPA I: GRÜN WAR DIE HOFFNUNG
(Briten gegen Iren auf der grünen Insel)
Darf Dikigoros auch hier gleich im 20. Jahrhundert anfangen? (Über frühere Zeiten schreibt er an anderer Stelle.) Ostern 1916, Mitten im Ersten Weltkrieg. Einige Iren glauben, daß nun die Zeit gekommen sei, ihren Traum von Freiheit und Unabhängigkeit zu verwirklichen. Da die Engländer sie ihnen nicht freiwillig gewähren will, greifen sie zu den Waffen. Unter uns, liebe Leser: Der so genannte "Osteraufstand" hatte, stümperhaft wie er vorbereitet war, von Anfang an keine Chance und wurde denn auch von den Engländer sehr schnell nieder geschlagen. Über seinen Anführer Eamon de Valera, einen Amerikaner spanisch-kubanischer Abstammung, der zu Irlands Nationalheld wurde, schreibt Dikigoros an anderer Stelle mehr. Als es mit den Briten nach dem Ersten Weltkrieg wirtschaftlich bergab ging - obwohl sie ihn ja begonnen und gewonnen hatten, um gerade das zu verhindern -, gewährten sie den Iren, um Besatzungstruppen und Geld einzusparen, erst eine "Autonomie" genannte Selbstverwaltung und dann - nachdem sich Irland zwei Jahrzehnte nach dem gescheiterten Osteraufstand zu jährlichen Tributzahlungen an Großbritannien verpflichtet hat - die staatliche Unabhängigkeit, jedenfalls dem Südteil der grünen Insel, der sich fortan "Eire" nennt; und als der vorübergehend geächtete Valera anno 1938 wieder zum Ministerspräsidenten gewählt wird, kann er seinen Anhängern scheinbar mit vollem Recht den Satz zurufen: "Und Ihr habt doch gesiegt!" Er macht Irland wirtschaftlich autark, führt das Gaelische als Amtssprache ein und hält Irland auch aus dem Zweiten Weltkrieg heraus. 1959 wird er zum Staatspräsidenten gewählt und amtiert bis 1973, zwei Jahre, bevor er in dem schönen Bewußtsein stirbt... aber das hatten wir ja schon.
So weit, so schlecht. Wieso schlecht? Nun, liebe Leser, inzwischen ist auch in Irland eine Generation heran gewachsen, deren Angehörigen der materielle Wohlstand und andere Bequemlichkeiten wichtiger ist als eine eigene Muttersprache und staatliche Unabhängkeit. Und damit ist es in Irland nicht allzu weit her: Eire ist das ärmste Land Europas diesseits des Eisernen Vorhangs, und in Nordirland herrscht Bürgerkrieg zwischen katholischen Iren und protestantischen Schotten, die seit dem 17. Jahrhundert von den Engländern dort angesiedelt wurden.
(...)
EUROPA II: AM ENDE DER KARPATHEN
(Tschechen gegen Slowaken)
EUROPA III: DAS FELD DER AMSELN
(Serben gegen Albaner im Kosovo)
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